Raus aus dem Büro, rein in die Werkstatt

Manchmal muss man einfach mutig sein und vielleicht auch etwas verrückt. Tschüss Büro – wir hatten eine tolle Zeit, viele spannende Projekte, von Konzern bis Start-Up, aber jetzt ist Zeit für etwas Neues.

Nach vielen Jahren als Marketingtante in unterschiedlichen Firmen und Branchen habe ich mein Angestelltendasein 2024 hinter mir gelassen und den Computer gegen eine Schürze, Papier und Farbe getauscht. Wurde auch Zeit, schließlich steht seit mehr als drei Jahren ein alter Handtiegel, liebevoll „Karl“ getauft, in meinem Keller.

Eher durch Zufall bin ich auf ein Video gestoßen, bei dem ein alter Heidelberger Tiegel tiefe Prägungen im Papier hinterließ. Angetan von diesem hochwertigen Druckbild und dem zufriedenen Schnaufen des Tiegels, wenn er das Papier eigenständig ansaugt, tauchte ich immer mehr in die Welt des Letterpress-Drucks ein. Für den Anfang musste also eine kleinere Druckpresse her, an der ich ausprobieren und lernen konnte. Handwerkliches Geschick ist mir gegeben, so war es auch kein Problem den 120kg schweren Boston Tiegel auseinander zu bauen, damit er in den Keller transportiert werden konnte. Eine Druckereiauflösung später war ich dann stolze Besitzerin eines Bleisatzschrankes, eines Plattenbelichters und ersten Druckfarben. Weiteres Zubehör sammelte sich schnell an, in Workshops habe ich mir weiteres Wissen angeeignet. Schmutzige Hände, manchmal auch frustrierende Druckversuche und Verzweiflung, wenn etwas nicht so klappt, gehörten dazu – an aufhören war aber nicht zu denken. Der unbedingte Wille, dass das funktionieren muss, hat mich weiter machen und lernen lassen. Das Gefühl, wenn man Papier für Papier in die Presse einlegt und die selbst gestaltete und von Hand gedruckte Karte am Ende des Druckvorgangs in den Händen hält – unbezahlbar.

Dass ich direkt mit einer eigenen Werkstatt starten werde, daran war zunächst nicht zu denken, der Plan war ein anderer. Allerdings habe ich dann meinen Kobold Tiegel entdeckt und es war klar, der passt mit seinen 300 kg nicht mehr in den Keller. Und wenn man auf einmal Platz hat, warum dann nicht gleich in eine Andruckpresse investieren. Gedruckt und geprägt wird nun mit allen drei Druckpressen, je nach Projekt, Format und Auflage. Erste Projekte sind schon umgesetzt – mal schauen, wohin die Reise geht.